Zu jung für die „normale“ Rente, aber gesundheitlich angeschlagen? Dann kann eine volle Erwerbsminderungsrente die beste Lösung sein.
Volle Erwerbsminderungsrente: Die wichtigste Frage
Hat man sich zum Antrag entschlossen, lautet die entscheidende Frage: Bekommt man genug aus der Rentenversicherung, wenn man aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr arbeiten kann und noch lange nicht das gesetzliche Rentenalter erreicht habe?
Fakten über die volle Erwerbsminderungsrente:
- Höhe der Rente bei Erwerbsminderung
- Wie lange bekomme ich Rente bei Erwerbsminderung?
- Teilweise und volle Erwerbsminderungsrente: Wieviel darf ich hinzuverdienen?
- Abschläge bei Erwerbsminderung
- Volle Erwerbsminderungsrente 2024 – Ein Ausblick in die Zukunft
Eines vorweg: Vater Staat prüft genau, ob Anspruch auf eine volle Erwerbsminderungsrente besteht. „Reha vor Rente“ lautet in diesem Zusammenhang ein beliebtes Schlagwort. Medizinische Tests klären alle Voraussetzungen, ob und wie viele Stunden Arbeitszeit pro Tag möglich sind. Davon hängt ab, wie hoch die mögliche Rente bei Erwerbsminderung ausfällt.
Video: VdK-TV Ratgeber: Informationen über die Erwerbsminderungsrente
Voraussetzungen für die volle Erwerbsminderungsrente
Medizinische Voraussetzungen für eine Erwerbsminderungsrente bestehen, wenn Betroffene aufgrund einer Krankheit oder Behinderung nur noch weniger als sechs Stunden sowie mindestens drei Stunden pro Tag dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen. Ferner wichtig: Die Erfüllung der allgemeinen Wartezeit von fünf Jahren sowie das Einzahlen in die Rentenversicherung während drei von fünf Jahren.
Arbeitsunfall oder Unfälle während Wehr- und Zivildienst
Die Wartezeit oder Mindestversicherungszeit von fünf Jahren kann für eine volle Erwerbsminderungsrente auch vorzeitig erfüllt werden. Zum Beispiel bei einem Arbeitsunfall oder einer durch den Beruf verursachten Krankheit. Auch eine Beschädigung, die während des Wehr- oder Zivildienst verursacht wurde und eine verminderte Erwerbsfähigkeit zur Folge hatte, kann diese Wartezeit abkürzen und die volle Erwerbsminderungsrente ermöglichen. Bei Unfällen während der Arbeitszeit kann schon ein Tag ausreichen. Voraussetzung ist hier, dass der Antragsteller bereits zum Unfallzeitpunkt versicherungspflichtig war. In diesen Fällen entfällt auch die sonst übliche dreijährige Pflichtbeitragszeit.
Volle Erwerbsminderungsrente: Zumutbarkeit einer Tätigkeit
Wer einen Antrag auf volle Erwerbsminderungsrente stellt, muss diesen begründen. Der Antragsteller muss aber nicht jedes Angebot für einen anderen Beruf annehmen. Eine Tätigkeit muss für ihn zumutbar sein und sich am bisherigen beruflichen Lebenslauf sowie an den sozialen Verhältnissen orientieren.
Der Job kann dabei auch eine Stufe unterhalb angesiedelt sein (z.B. Teamleiter/normaler Angestellter). Wurde eine Ausbildung oder Umschulung durchgeführt, ist eine Tätigkeit zudem immer zumutbar. Eine Berufsunfähigkeit liegt aus diesen Gründen nur dann vor, wenn weder der alte Beruf noch eine der erwähnten zumutbaren Tätigkeiten mehr möglich ist. Und erst dann kann in der Regel eine Erwerbsminderungsrente beantragt werden.
Erwerbsminderung: Teilweise oder voll
Wer zum Beispiel drei bis sechs Stunden pro Tag arbeiten kann, gilt als teilweise erwerbsvermindert. Der Gesetzgeber sucht auch hier nach adäquaten Jobs, welche der Versicherte psychisch und körperlich noch ausüben kann. Ist eine solche Tätigkeit ähnlich wie eben schon erwähnt nicht mehr möglich, kann der Arbeitnehmer die volle Erwerbsminderungsrente erhalten.
Volle Erwerbsminderungsrente: Dauer des Bezugs
Und zwar meist solange, bis das in Deutschland übliche Rentenalter erreicht ist: Für die Geburtsjahrgänge bis 1946 gilt hier die Vollendung des 65. Lebensjahres. Schrittweise steigt das Rentenalter und für alle ab 1964 Geborenen heißt es „Rente mit 67“. Unabhängig vom Alter wird die Rente wegen Erwerbsminderung in der Regel für drei Jahre bewilligt. Hat sich der gesundheitliche Zustand nicht gebessert, kann die Erwerbsminderungsrente erneut beantragt werden. Wichtig: Rechtzeitig einen Folgeantrag stellen (spätestens drei Monate vor Ablauf der Frist).
Tipps von „Stiftung Warentest“ zur vollen Erwerbsminderungsrente
- Mitglied in Sozialverbänden wie VdK oder SoVD werden (Beratung und rechtlicher Beistand)
- Antrag auf Kontenklärung und kompletten Versicherungsverlauf bei der Deutschen Rentenversicherung stellen
- lückenlose Krankengeschichte dokumentieren (z.B. Operationen, Reha-Maßnahmen mit Datum in Tabellenform)
- nach dem Bescheid prüfen, ob volle Rente bewilligt wurde (einen Monat Zeit für Widerspruch!)
- möglichen Widerspruch ausführlich begründen, evtl. Unterlagen nachreichen und Akteneinsicht beantragen (z.B. für medizinische Gutachten)
Hinzuverdienst bei teilweiser oder voller Erwerbsminderungsrente
Die gute Nachricht: Rentner dürfen etwas hinzuverdienen. Bis zu 450 Euro sind bei voller Erwerbsminderungsrente drin. Ist der Zuverdienst höher, kann die Rente ganz oder teilweise gekürzt werden. Zweimal pro Kalenderjahr darf sie den Höchstsatz überschreiten, und zwar bis zum doppelten Wert. Änderungen beim Hinzuverdienst sind immer der Rentenversicherung mitzuteilen.
Volle Erwerbsminderungsrente: Hinzuverdienst bei Minijob oder Erwerbslosigkeit
Bei teilweiser Erwerbsminderung wird berücksichtigt, dass der Rentner noch eingeschränkt einer Tätigkeit nachgehen kann. Jeweils abhängig vom Hinzuverdienst, erhält der Betroffene eine Erwerbsminderungsrente in voller Höhe oder zur Hälfte ausbezahlt. War der Bezieher einer teilweisen Erwerbsminderungsrente zuletzt in einem Minijob tätig oder erzielte überhaupt kein Einkommen, gilt beim Zuverdienst die Mindestgrenze.
Volle Erwerbsminderungsrente: Zusätzliches Einkommen auch ein Hinzuverdienst!
Übrigens: Nicht nur ein Arbeitsentgelt gilt als Hinzuverdienst. Auch etwaige Renten aus Unfallversicherungen, steuerrechtliche Gewinne, Vorruhestandsgelder etc. zählen dazu und minimieren unter Umständen die Rente zur Erwerbsminderung. Und wer selbstständig ist, bei dem liegt laut Gesetzgeber sowieso keine Erwerbsunfähigkeit vor.
Renten zur Berufsunfähigkeit und Erwerbsunfähigkeit
Renten zur Berufsunfähigkeit und Erwerbsunfähigkeit sind bereits mit Stichtag 1. Januar 2001 weggefallen. Dennoch einige Hinzuverdienst-Tipps für Betroffene mit diesen Rentenvarianten.
Wer noch eine Berufsunfähigkeitsrente erhält, kann trotzdem etwas Geld dazuverdienen. Voraussetzung: Die Berufsunfähigkeit dauert an. Je nach Einkommen wird die Rente voll, zu einem oder zu zwei Dritteln ausbezahlt. Etwas anders verhält es sich bei der Regelung zur Erwerbsunfähigkeitsrente. Bei andauernder Erwerbsunfähigkeit wird die Rente bei einem Monatseinkommen von bis zu 450 Euro in voller Höhe überwiesen. Bei Überschreitung der Summe wird diese Rente je nach Höhe des Hinzuverdienstes komplett oder anteilig ausbezahlt.
Fazit: Hinzuverdienst zur Erwerbsminderungsrente
Jede Tätigkeit ist dem Träger der Rentenversicherung mitzuteilen. Fragen zum Hinzuverdienst lohnen sich: Interessierte sollten alle individuellen Möglichkeiten nutzen – und keinen Cent verschenken!
Rente bei Erwerbsminderung: Wissenswertes zu Abschlägen
Oft beantragen Menschen unter 60 Jahren eine volle Erwerbsminderungsrente. Diese Personen müssen Abschläge in Kauf nehmen. Für jeden Monat einer früheren Inanspruchnahme 0,3 Prozent, insgesamt jedoch höchstens 10,8 Prozent. Falls nun eine Rente vor dem 60. Lebensjahr benötigt wird, bekommen Versicherte zwischen Renteneintritt und vollendetem 62. Lebensjahr sogenannte Zurechnungszeiten im Versorgungsrecht. Hierbei handelt es sich um einen durchschnittlichen Wert bisheriger Versicherungszeiten. Schöne Folge: In der Regel erhöht sich die Rente zur Erwerbsminderung.
Volle Erwerbsminderungsrente 2024? Ein Blick in die Zukunft
Seit 2012 erhöht sich die Altersgrenze für die abschlagsfreie Rente bei Erwerbsminderung Schritt für Schritt. Im Jahre 2024 wird diese erst ab dem 65. Lebensjahr ausbezahlt. Jüngere Betroffene müssen Abschläge in einer Höhe von bis zu 10,8 Prozent in Kauf nehmen.
Auch hier gibt es Ausnahmen: Versicherte, die mehr als 35 Jahre Pflichtbeiträge oder vom Gesetzgeber berücksichtigte Zeiten geleistet haben, können mit 63 abschlagsfrei die volle Erwerbsminderungsrente bekommen. Ab 2024 verschlechtert sich die Situation für erwerbsgeminderte Rentner: Dann gilt eine Frist von 40 Beitragsjahren, bevor ohne Abschläge in diese Form der Rente gegangen werden kann.
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