Es ist vermutlich einer der wichtigsten Begriffe der letzten zehn Jahre in der Finanzwelt. Von den niedrigen Zinsen hat schon jeder gehört, doch was bedeutet die Niedrigzinsphase wörtlich über die reine Begriffserklärung hinaus für Sparer, Anleger und jeden, der mit Geld umgehen muss?
Was versteht man unter der Niedrigzinsphase? Eine schnelle Begriffserklärung
Als Niedrigzinsphase bezeichnet man wörtlich gesehen die Zeitperiode, in der die Zinsen der Zentralbanken auf einem sehr niedrigen Niveau verharren. Die Weltwirtschaft hat nach der globalen Wirtschafts- und Finanzkrise des Jahres 2008 vor einer tiefgreifenden Rezession gestanden, welche die Märkte in kürzester Zeit in die Nähe eines Zusammenbruchs trieb. Unter anderem war davon auch die Währung Euro betroffen, zumal die schwächeren Mitglieder im Euro-Finanzraum besonders unter den Einbrüchen der Wirtschaft zu leiden hatten.
Sowohl die Europäische Zentralbank (EZB) als auch die US-Notenbank Fed haben als geldpolitische Notfallmaßnahme das Zinsniveau deutlich abgesenkt, um der Wirtschaft zu helfen. Dies hatte in erster Linie den Zweck, die Nachfrage für Investitionskredite und Konsumkredite zu steigern, um die Konjunktur der Volkswirtschaften anzukurbeln.
Senken die Zentralbanken ihre Leitzinsen, können Banken und Kreditinstitute sich ähnlich günstig Geld leihen und diese Finanzmittel ihrerseits in Form günstiger Kredite an ihre Kunden weitergeben. Die Nachfrage für Investitionskredite wurde also durch die Niedrigzinsphase angekurbelt. Diese Politik dauerte sehr lange an und hat bis 2019 noch immer keine wirklich tiefgreifende Änderung erfahren.
Die Schattenseite der Niedrigzinsphase
Wer diese Begriffserklärung liest, dem fällt vielleicht ein Problem bei der Niedrigzinsphase auf. Während Investitionen über Kredite durch die geringen Zinsen befördert werden und die Konjunktur sich erholen kann, stellen niedrige Zinsen für Sparer und Anleger ein echtes Problem dar, denn für das angelegte Geld gibt es kaum noch eine Rendite. Da das Zinsniveau sich in den Folgejahren teilweise bis zu einem Nullniveau abgesenkt hat, sind Sparbücher, Bausparverträge, Lebensversicherungen ähnlich wie Tages- und Festgeld nahezu unverkäuflich geworden.
Für die Banken sind insbesondere die Garantiezinsen aus Altverträgen ein zusätzliches Problem, da diese deutlich höher liegen als vor der Niedrigzinsphase. Für Anleger bedeutet es, dass ihre Geldanlagen auf dem Sparbuch oder dem Festgeldkonto kaum noch Gewinne abwerfen und unter Einbeziehung der Inflationsrate (die höher ist als die Zinsrate) letztlich sogar das Vermögen schrumpft.
Einige Banken überlegen mittlerweile, von ihren Kunden sogenannte Negativzinsen zu verlangen, wenn sie Sparbücher und andere Geldanlagen verwalten – somit würde der Kunde nicht nur nichts mehr an seiner Geldanlage verdienen, sondern müsste quasi eine Strafgebühr zahlen.
In Deutschland ist die Sparquote trotz Niedrigzinsphase weiterhin hoch
Während für Sparer und konventionelle Geldanlagen die Niedrigzinsphase ein Problem darstellt, ist sie für Investitionen in Aktien und andere Produkte wie Edelmetalle ein Anreiz, da hier die Gewinne selbst inflationsbereinigt meist deutlich höher ausfallen.
Insbesondere in Deutschland ist die Sparquote noch immer größer als in den meisten anderen europäischen Ländern, wo die Leute ihr Haushaltseinkommen auf andere Weise investieren – oder im Sinne der Binnenkonjunktur ausgeben, bevor die Inflation ihr Vermögen dezimieren kann. Die europäische Statistikbehörde Eurostat hat die Zahlen ausgewertet und kommt zu folgenden Ergebnissen.
Sparquoten in Europa während der Niedrigzinsphase im Vergleich:
- Deutschland: 17,11 %
- Frankreich: 13,51 %
- EU gesamt: 9,97 %
- Italien: 9,71 %
- Spanien: 7,73 %
Während also die meisten europäischen Länder eine Sparquote von unter 10 Prozent aufweisen, bleiben die Deutschen ihrem Sparbuch weiterhin treu – was aufgrund der Niedrigzinsphase eigentlich kaum zu erklären ist. Die Bedeutungen der Niedrigzinspolitik werden demnach von vielen Deutschen entweder nicht verstanden oder ignoriert. Das mag daran liegen, dass die Begriffserklärung in den Medien oft nicht mitgeliefert wird, wenn von niedrigen Zinsen die Rede ist.
Es klingt natürlich auch gut, dass man für Kredite weniger zahlen muss, was sich insbesondere beim Hausbau und Kauf von Immobilien positiv für die Kunden auswirkt. Diese Art Investitionen zahlt sich letztlich vermutlich auch langfristig aus.
Für Geldanleger, die traditionell aufs Sparen setzen, können die Bedeutungen der aktuellen Geldpolitik aber nicht oft genug herausgestellt werden. Die Spezifizierung der EZB auf Niedrigzinsen hält trotz anderslautender Berichte in den letzten Jahren weiter an. Auch die amerikanische FED lässt sich nicht auf Varianten ihrer Geldpolitik ein, obwohl US-Präsident Trump mit seiner Politik der Abgrenzung in Sachen Globalisierung eine Anhebung der Zinsen wiederholt gefordert hat.
Für die FED war die Abgrenzung von Trump bisher aber noch kein Anlass, um die Niedrigzinsphase nachhaltig zu beenden. Zwar wurden die Zinsraten geringfügig erhöht, doch eine echte Wende ist nach wie vor nicht in Sicht. Tatsächlich glauben manche Fachleute, dass wir noch mindestens bis zum Jahr 2050 mit Niedrigzinsen leben müssen.
Tiefzinsphase: Ein Synonym für ein Problem der Geldinstitute
Obwohl die Banken und Sparkassen sich so günstig wie nie Geld von den Zentralbanken leihen können, bleibt im Kundengeschäft das Problem bestehen, dass die Tiefzinsphase die Ergebnisse schmälert und auffrisst. Gerade das Privatkundengeschäft befindet sich in einer Verlustzone, die von vielen Geldinstituten zunehmend als grundlegendes Problem wahrgenommen wird. Produkte für Sparer wie Tages- und Festgeld sind völlig out, weil sie nicht einmal mehr die Inflationskosten decken, vom Sparbuch ganz zu schweigen.
Die gleichbleibend hohe Sparquote der Deutschen sorgt außerdem dafür, dass die auf Sicherheit bedachten Sparer ihr Geld nicht an der Börse oder auf andere Weise investieren. Die Furcht vor der angeblich unsicheren Spekulation mit Aktien ist meist jedoch übertrieben, da es oftmals am Verständnis der Laien für die Fachbegriffe mangelt.
Eine Begriffserklärung und Spezifizierung von Varianten für Anleger an der Börse sollte per Definition vom Bankberater gegeben werden, doch offensichtlich können die Banker ihre Kunden immer seltener überzeugen. Dabei gibt es durchaus Varianten für Geldanlagen an den Wertpapiermärkten, die nicht weniger sicher sind als das traditionelle Sparen.
Durch Streuung des Risikos und die Investition in breit aufgestellte Fonds können die meisten Risiken auf ein vertretbares Maß reduziert werden. Die Spezifizierung auf eine einzelne Aktie ist hingegen weiterhin ein Spiel mit dem Feuer, da selbst vormals als stabil betrachtete Werte durch politische Entwicklungen zu Verlierern werden können. Man denke nur an die einstmals sicheren Energiekonzern-Aktien, die unter dem Atomausstieg zu leiden hatten oder die deutschen Automobilhersteller, die sich mit dem Diesel-Skandal selbst ein Ei gelegt haben.
Video: Die EZB und der Niedrigzins – heuteplus | ZDF
Eine Begriffserklärung würde vielen Sparern helfen
Fachleute werfen gerne mit Fachbegriffen herum. Synonyme und die Definition über eine Begriffserklärung fehlen häufig. In Sachen Niedrigzinsen gibt es diverse Synonyme, die letztlich immer das gleiche Phänomen beschreiben:
- Niedrigzinsphase
- Nullzinsphase
- Niedrigzinspolitik
- Niedrigzinsentwicklung
- Tiefzinsphase
- Tiefzinspolitik
…und ähnliche Varianten, die in ihrer Definition immer ähnlich gehalten sind. Entscheidend ist für die Sparer, die Begriffserklärung vom Bankberater einzufordern und zu verstehen, worum es geht. Selbst wenn es zu einer Zinswende kommen sollte, ist nicht mit einer schnellen Verschiebung zu rechnen. Kleine Schritte von 0,25 % wirken sich zwar gesamtwirtschaftlich stark aus, bleiben für den Sparer oder Privatanleger zunächst jedoch ohne Bedeutung.
Außerdem sieht jede Umkehr der Geldpolitik natürlich auch Verlierer. Bauherren würden unter höheren Zinsen leiden, insbesondere dann, wenn in ihren Verträgen variable Zinsen vereinbart sind. Auch die Unternehmen (insbesondere die Exportwirtschaft) würde unter den Folgen leiden, denn höhere Zinsen würden auch eine Verschiebung bei den Währungsverhältnissen mit sich bringen.
Fazit: Mit einer Begriffserklärung ist es in der Niedrigzinsphase nicht getan
Es ist immer sinnvoll, sich eine Begriffserklärung zu Finanz-Fachbegriffen anzusehen. Die Hintergründe zu verstehen, ist aber insbesondere für kleine Sparer und private Anleger sehr wichtig. Während die Niedrigzinsphase zweifellos für Preisstabilität und eine gute Konjunktur gesorgt hat, bleiben die Privathaushalte mit ihrer Vermögensbildung weitgehend alleine. Sparbücher und Festgeld bringen kaum noch Rendite und bleiben meistens hinter der Inflationsrate zurück. Da Deutschland innerhalb Europas die höchste Sparquote aufweist, scheint ein Umdenken dringend geboten.
Bürger in anderen Ländern investieren ihr Vermögen zum Teil auch an der Börse und kaufen stabile Fonds und Aktienwerte, die langfristig eine höhere Rendite erwarten lassen als das reine Sparen. Eine Begriffserklärung zum Thema Aktien, Fonds und Wertpapiere sollte sich also auch jeder ansehen, der die Zusammenhänge um die Niedrigzinsphase verstehen möchte. Langfristig bedeutet das Festhalten an der hohen Sparquote jedenfalls, dass Vermögen vernichtet und durch die Inflation regelrecht aufgefressen wird.
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2 Kommentare
Guten Morgen
Die Niedrigzinsphase ist für alle die einen Kredit brauchen super, nur was ist mit uns mit den die sparen um später damit vielleicht ihre Rente etwas aufzubessern?
Geld anlegen in dieser Zeit lohnt nicht wirklich. Ein Banker würde sagen , man kann ja in Aktien oder oder investieren, nur mal ehrlich da kann man auch einiges verlieren.
Schwierig derzeit
Hallo Camilla
Stimmt wir waren froh als wir ein Darlehn für den Hausbau braucht, dass die Zinsen unten waren.
Klar kann ich auch die Seite der Sparer verstehen, die würden gern einen vernünftigen Zinssatz bekommen.