Wohl schon viele haben sich die Frage gestellt, was die Lebensleistungsrente eigentlich ist und was aus ihr geworden sein könnte. Die Sozialdemokraten hatten einst die Solidarrente vorgeschlagen, die CDU/CSU hielt mit der Lebensleistungsrente dagegen.
Lebensleistungsrente: Rentenkonzept der Regierung
Sowohl CDU/CSU als auch SPD ging es darum, die Altersarmut mit dieser Rentenreform zu bekämpfen. Mit Ausnahme von immer wieder aufflammenden Diskussionen ist es allerdings still um diese Form der Rente geworden.
Sie sollte bereits zum 1. Januar 2017 eingeführt werden,
damit sollte es möglich sein, die Altersrente vieler Menschen aufzustocken.
Doch noch nie gab es eine gemeinsame Leitlinie, was vor allem daran liegt, dass die Finanzierbarkeit der Rentenreform noch immer in den Sternen steht. Grund dafür sind die vielen niedrigen Renten, die derzeit gezahlt werden und die um einiges aufgestockt werden müssten, um eine gewisse Grundrentensicherheit zu erreichen. Dafür wiederum müsste der Steuerzahler zur Kasse gebeten werden, was dieser jedoch angesichts der Vielzahl an von ihm zu stemmenden Finanzierungen nicht widerspruchslos hinnehmen mag.
Geplant war, die Lebensleistungsrente so zu gestalten, dass jede Altersrente mit niedrigen Entgeltpunkten auf 30 Punkte angehoben werden sollte. Der Rentner muss dafür allerdings bis zum Jahr 2022 insgesamt 35 Beitragsjahre vorweisen können. Nach 2022 hebt sich diese Zahl auf 40 Beitragsjahre, wobei insgesamt fünf Jahre für andere Zeiten (z. B. für Zeiten der Arbeitslosigkeit) anerkannt werden. Die Wartezeit besteht aus den normalen Beitragszeiten, die für alle versicherungspflichtigen Beschäftigungen anfallen und aus den Kindererziehungszeiten.
Nun kommt der Haken: Jeder Versicherte muss ab 2022
eine betriebliche Altersvorsorge oder eine private Rentenversicherung nachweisen können!
Beides ist noch einmal die Grundvoraussetzung für die Gültigkeit der Grundrente. Berücksichtigt wird dabei das Einkommen des Partners ebenso wie Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch (Hartz IV).
Lebensleistungsrente und Armut im Alter?
Die Kritik an der Lebensleistungsrente besteht darin, dass immer noch die Angst vor einer Altersarmut besteht, auch wenn die Anhebung auf 30 Entgeltpunkte erfolgt ist. Denn mit einer Rente von etwas mehr als 913 Euro kann kaum ein Rentner wirklich gut leben, zumal es sich um einen Bruttobetrag handelt. Davon abgerechnet werden noch einmal die Beiträge für die Kranken- und Pflegeversicherung sowie der Zusatzbeitrag für die Krankenkasse. Der Rentner behält nur noch 813 Euro übrig. Für die Zahlung der Miete, der Versicherungen und der allgemeinen Lebenshaltungskosten dürfte das in den meisten Fällen viel zu wenig sein.
Der errechnete Grundsicherungsbedarf wurde bereits Ende 2013 auf 740 Euro festgelegt, für 2019 wurde er auf 800 Euro festgesetzt. Die Grundrente soll maximal 10 Prozent darüber liegen, was einen Betrag von 880 Euro im Monat ausmacht. Angesicht der ständig steigenden Lebenshaltungskosten jedoch reicht das Geld für die meisten Rentner nicht. Es dürfte fraglich bleiben, wie sich damit eine Grundsicherung ergeben soll bzw. die Altersarmut sinnvoll bekämpft werden kann.
Lebensleistungsrente in 2019/2020
Aktuell ist die Lebensleistungsrente wieder einmal in aller Munde, zumindest bei der Bundesregierung, die sich immer wieder mit dem leidigen Thema der Rente befassen muss. Nun wurde beschlossen, dass die Altersarmut dringend bekämpft werden muss, die Lebensleistungsrente wurde in die Grundrente umbenannt und erneut auf die Tagesordnung gesetzt. Ob sich die neuen Ideen allerdings durchsetzen lassen werden, bleibt fraglich. Kritiker gehen davon aus, dass es sich hierbei genauso gestalten dürfte, wie einst bei der Lebensleistungsrente. Die Rentenansprüche sollen sich nach den eingezahlten Beiträgen richten und nicht nach einer eventuellen sozialen Bedürftigkeit. Das Argument: Wenn bei der Grundrente eine Prüfung der Bedürftigkeit vorgenommen werden würde, könnte der Betreffende direkt die Grundsicherung beantragen und sich statt bei der Rentenversicherung eher beim Sozialamt melden.
Die Grundrente sollen nun die folgenden Personen erhalten:
- alle, die mindestens 35 Jahre in die Rentenkasse eingezahlt haben
- alle, die Angehörige gepflegt haben
- das gilt auch für diejenigen, die 35 Jahre lang nur Teilzeit gearbeitet haben
- wer weniger als 35 Jahre vorweisen kann, geht leer aus
Schon hier ist der wohl größte Kritikpunkt erkennbar: Eine Person hat 35 Jahre lang in Teilzeit gearbeitet, damit aber Ansprüche auf die moderne Lebensleistungsrente erworben. Eine andere Person war nur 34 Jahre lang arbeiten, dafür aber in Vollzeit und hat somit insgesamt deutlich mehr Arbeitsleistung erbracht. Diese Person hat aber keinen Anspruch auf die Lebensleistungsrente (bzw. auf die Grundrente). Inwiefern das mit Respekt gegenüber der Lebensleistung zu tun haben könnte, sollten die diskutierenden Minister gern selbst erklären.
Nicht vergessen werden darf an dieser Stelle, dass in jedem Fall ein eigenes Vermögen angerechnet werden muss. Das heißt, wenn Erspartes oder Versicherungen vorhanden sind, müssen diese wie immer wertmäßig angerechnet werden, ehe eine staatliche Unterstützung in Anspruch genommen werden kann. Die soziale Leistung soll nur die Kosten für eine Unterkunft und den Regelbedarf decken! Ebenfalls angerechnet wird die gesetzliche Rente. Der Freibetrag, der bei der modernen Lebensleistungsrente gewährt wird, beläuft sich auf 5.000 Euro, außerdem werden Riester-Renten hier berücksichtigt und mit einem monatlichen Freibetrag versehen.
Strittig ist indes immer noch, wie der regionale Grundsicherungsbedarf bei der Lebensleistungsrente berücksichtigt werden soll. Wie groß der Unterschied zwischen Großstädten und ländlichem Raum ist, dürfte bislang noch nicht klar sein. Hier liegt für die Bundesregierung noch großer Erklärungsbedarf, wobei auch geklärt werden muss, inwieweit die vielen Selbstständigen in die Lebensleistungsrente bzw. deren Nachfolger eingerechnet werden.
Lebensleistungsrente und Erwerbsminderung
Der Bedarf an Unterstützung muss für jeden Einzelnen ermittelt werden, was mit einschließt, dass in unterschiedlichen Orten verschiedene Mietniveaus vorhanden sind. Der Mietkostenzuschuss muss demnach ebenso verschieden ausfallen wie die Grundsicherung für Menschen, die eine Erwerbsminderung vorweisen können und nun in Rente gehen. Die Grundsicherung ist auch in anderen Ländern geregelt, muss aber in Deutschland erst noch auf sichere Füße gebracht werden. Und das in jeder Beziehung, egal, ob es sich um die reguläre Altersrente oder um eine Erwerbsminderungsrente handelt.
Hier wiederum gilt es, den Frust der gesamten Bevölkerung zu umgehen. Denn die Details zum Rentensystem mit der Grundsicherungsregelung sehen vor, dass die Grundsicherungsrente unterdurchschnittliche Beträge aufwerten soll. Geht man nun davon aus, dass der zu Unterstützende rund 80 Prozent des Verdienstes, den der deutsche Durchschnittsverdiener im Laufe seines Lebens bekommen hat, verdient und somit eine ähnlich hohe Rente wie dieser bekommt, dürfte klar sein, dass es hier Frust geben wird. Das gilt auch bei einer Erwerbsminderung: Wenn der Betreffende bis zum Eintritt ins Rentenalter eine Erwerbsminderungsrente bezogen hat, wie könnte er da eine ähnlich hohe Rentenzahlung erwarten wie jemand, der seine gesamte Rentenanwartschaftszeit voll gearbeitet hat?
Hilft die Lebensleistungsrente gegen Altersarmut?
Die Bundesregierung muss nun also Wege finden, um eine unterschiedliche Gewichtung der eingezahlten Beiträge zu erreichen. Wie genau das vor sich gehen soll, ist ebenfalls noch unklar.
Denn: Der Euro, den ein Geringverdiener bekommt,
wird scheinbar höher bewertet als der Euro,
den ein Normalverdiener im Laufe seines Arbeitslebens bekommt.
Das Grundrentenmodell muss hier alle Arbeitnehmer und Selbstständigen berücksichtigen und genau das wurde bislang leider versäumt. Das derzeitige Modell gilt nicht eben als größter Wurf und kann die Altersarmut mit größter Wahrscheinlichkeit nicht einmal im Ansatz bekämpfen. Grund sind die vielen Verdiener im Niedriglohnbereich, was aber schon auf die Einführung von Hartz IV zurückzuführen ist. Das Rentenniveau kann dadurch auf Dauer nur sinken, denn die zahlreichen Geringverdiener sind nun einmal nicht in der Lage, ausreichend hohe Beiträge einzuzahlen, um das Niveau zu halten oder gar anzuheben.
Eine Lösung wäre, die Zahl der Einzahler zu erhöhen, was aber wiederum nur möglich wäre, wenn beispielsweise auch die Beamten mit einbezogen werden würden. Diese sind bislang in der gesetzlichen Rentenversicherung außen vor und kochen ihr eigenes Süppchen. Sie wiederum werden sich beharrlich weigern, mit ihren Beiträgen das gesamte System zu unterstützen, das bereits seit so langer Zeit erheblich schwächelt. Eine Patentlösung gibt es hierfür sicherlich nicht, doch auch das Grundrentenmodell ist in der derzeitigen Fassung keine Lösung im Kampf gegen die Altersarmut.
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